Carlotta Wegener
Fotografin
AJDB: Guten Tag Frau Wegener. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview nehmen! Sie studieren visuelle Kommunikation an der Bauhaus Universität in Weimar und angewandte Fotografie an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Was begeistert Sie an dem Medium Fotografie?
CW: Vielen lieben Dank, ich freue mich sehr über das Interview. Die Fotografie ist für mich etwas ganz Besonderes und meine Art, nach außen zu kommunizieren. Ich habe oft das Gefühl, mich besser mit Bildern als mit Worten artikulieren zu können. Vielleicht auch, weil ich ein sehr visueller Mensch bin. Außerdem verbindet Fotografie und ich darf immer wieder in neue Bereiche eintauchen. Während dem Fotografieren gibt es dann diese Momente, in denen es nur mein Model und mich gibt. Die Kamera steht dabei nicht zwischen uns, sondern dient als Verbindung/Transportmittel. Ich würde es als einen Fluss aus suchender Dynamik und Bewegung bezeichnen. Eine Suche nach uns und dem Moment. Für mich ist es wie tanzen und ich tanze sehr gerne.
AJDB: Sie möchten Modefotografin werden? Was fasziniert Sie speziell an der Modefotografie?
CW: An der Mode fasziniert mich das Warum: Warum entscheiden wir uns Dinge so zu tragen, wie wir sie tragen? Wir drücken uns mit Kleidung aus und kommunizieren mit ihr noch vor dem ersten Wort.
AJDB: Warum haben Sie sich bereit erklärt, an unserem Ausstellungsprojekt mitzuwirken? Haben Sie sich vorher schon einmal mit dem Thema Talare auseinandergesetzt?
CW: Es klang spannend. Besonders die Umsetzungsfreiheit dabei, also der künstlerisch- darstellende Aspekt. Mit der Thematik der Talare habe ich mich erst im Rahmen des Projekts beschäftigt. Und seit ich an der Bauhaus-Universität bin, bin ich den Talaren noch nicht über den Weg gelaufen.
AJDB: Finden Sie, diese Tradition sollte fortgeführt werden oder kann sie vielleicht tatsächlich „weg“?
CW: Auf mich wirkt diese Tradition eher veraltet, da eine hierarchische Trennung zwischen Professor:in und Student:in bewirkt wird beziehungsweise ein Über-/Unterordnungsverhältnis. Das beißt sich in meiner Wahrnehmung ein wenig mit dem Vorsatz einer Universität, Raum für freies Lernen und Lehren zu bieten. Ich finde es schöner, wenn eine lehrende Person sich durch akademische Kompetenz anstelle ihres Gewandes auszeichnet.
AJDB: Wie sind Ihre Bilderkonzepte entstanden? Beziehungsweise mit welchen Überlegungen sind Sie an das fotografische Inszenieren der in der Ausstellung zu sehenden Bilder herangegangen?
CW: Ich habe versucht, Kontraste und Kombination zu finden, die die Ambivalenz auf eine spielerische und humorvolle Art beleuchten.
AJDB: Haben Sie eine bestimmte künstlerische Intention?
CW: Nothing is fixed, only the body as a stage.
AJDB: In dieser Ausstellung geht es darum, ein Kleidungsstück zu präsentieren. Aber auch darum, Menschen zu fotografieren und Stimmungen einzufangen. Was steht für Sie im Vordergrund?
CW: Ich finde im Generellen steht ein Kleidungsstück nie nur für sich. Es wird ja auch erst durch das Tragen einer Person zur Kleidung. Von daher geht alles Hand in Hand und es ist ein Zusammenspiel aus dem Textil und der Persönlichkeit, die der Kleidung Leben verleiht, sich für sie entscheidet und damit identifiziert.
AJDB: Was assoziieren Sie persönlich mit dem Talar? Spiegeln sich diese Gedanken auch in Ihren Fotografien wider?
CW: Beim Talar denke ich an Tradition, Bildung und auch Hierarchie. In meinen Fotografien versuche ich, die Tradition kritisch und gleichzeitig humorvoll in Frage zu stellen. Vielleicht auch, um dieser meiner Meinung nach etwas verkrampften Tradition mit einem spielerischen Umgang zu begegnen.
AJDB: Haben Sie den Eindruck, dass das Tragen des Talars die Außenwirkung der dargestellten Personen verändert?
CW: Es ist unbestreitbar, dass das Tragen des Talars eine gewisse Wirkung auf die Außenwahrnehmung hat. Allerdings ist es wichtig zu hinterfragen, ob diese Wirkung zeitgemäß ist und ob sie möglicherweise Hierarchien verstärkt. Meine Fotografien sollen dazu beitragen, diese Dynamik zu reflektieren und die Vielfalt der Persönlichkeiten innerhalb der akademischen Gemeinschaft sichtbar zu machen.
Das Interview wurde geführt von Alan Jakob David Bade, Student der Kunstgeschichte und Filmwissenschaft.