Frank Daumann
Dekan der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften
BS: Professor Daumann, Sie gehören im Wintersemester 2023/24 zu den talartragenden Professor:innen. Was bedeutet das für Sie?
FD: Das Tragen des Talars ist Ausdruck althergebrachter Tradition und geht auf das späte Mittelalter oder auf die frühe Neuzeit zurück. Insofern ist es schon irgendwas Besonderes und diese Tradition hebt auch die Friedrich-Schiller-Universität gegenüber manchen anderen Universitäten heraus. Also insofern finde ich das eine interessante und für das Zusammengehörigkeitsgefühl und auch für die Corporate Identity der Universität eine wichtige Sache.
BS: Hebt der Talar Sie eigentlich aus der Gruppe der anderen Professor:innen heraus?
FD: Es ist natürlich schon so, dass nur manche Professoren diesen Talar tragen. Bei der feierlichen Immatrikulation waren es die Dekane, der Präsident und so weiter. Insofern ist es schon ein Distinktionsmerkmal, aber eben nur zu bestimmten Anlässen. Wir tragen ja jetzt nicht während der normalen Amtsausübung den Talar.
BS: Haben Sie sich in diesem Kleidungsstück wohlgefühlt?
FD: Ich habe mich in dem Talar weitgehend wohl gefühlt, ja. Um den Bauch herum ist er mir zwar viel zu weit, aber es kann ja sein, dass ich im Laufe meiner Amtszeit da noch reinwachse. Mal gucken.
BS: Sie werden, bevor die feierliche Immatrikulation beginnt, gemeinsam mit den anderen Dekan:innen eingekleidet. Entsteht dabei so etwas wie ein Gruppengefühl?
FD: Ja, das ist in der Tat so gewesen. Wir haben uns vorher in einem Saal getroffen; der Präsident war dann auch da. Wir hatten eine sehr gute Stimmung beim Einkleiden, viel Spaß und die Leute waren alle irgendwie begeistert. Und wir haben dann gleich ein paar Fotos gemacht. Also Selfies mit dem Präsidenten zusammen. Wir Dekane verstehen uns auch untereinander sehr gut, insofern war das wirklich ein schönes Ereignis, ja.
Aber interessant war, als wir die Talare bekommen haben, also als wir uns eingekleidet haben, waren noch Mitglieder des Senats dabei. Und die haben keinen Talar bekommen und waren daher schon fast ein bisschen traurig, dass sie keinen Talar bekommen haben.
BS: Unsere Ausstellung fragt danach, ob die Tradition des Talartragens aus der Zeit gefallen ist. Was ist Ihre Meinung dazu?
FD: Das ist ja eine grundsätzliche Frage, die man sich bei Tradition immer stellt. Es gibt doch den interessanten Spruch von Tucholsky, der hat mal gesagt, Tradition ist, wenn einem nichts Besseres einfällt. Aber das Problem ist, wenn man auf alle traditionellen Elemente verzichtet, dann wird man irgendwie beliebig. Ich denke schon, dass traditionelle Elemente wichtig sind – und das Talartragen schränkt ja niemanden ein. Ich hätte ja auch sagen können, nein, ich gehe jetzt nicht mit dem Talar, sondern ich laufe einfach so mit. Es ist keine negative Tradition, die man mitmacht, weil es schon immer so gemacht worden ist und so weiter und die einen irgendwie einengt. Dieses Gefühl hatte ich dabei überhaupt nicht. Insofern finde ich das Talartragen schon eine angemessene Tradition, um, wie ich vorhin gesagt habe, ein Gemeinschaftsgefühl oder eine Corporate Identity zu festigen.
BS: Was hätten Sie als Student gesagt, wenn man Ihnen prophezeit hätte, dass Sie mal Talar tragen werden?
FD: Als Student hätte ich nie gedacht, dass ich an der Uni bleiben werde. Ich wollte immer etwas Praktisches machen. Ich hätte ihnen einfach nicht geglaubt, dass ich je einen Talar tragen würde.
BS: Ich bin am Ende meiner Fragen angekommen.
FD: Vielen Dank.
BS: Ich danke Ihnen. Ich freue mich sehr über das Gespräch.
Das Interview führte Björn Schorr, Student der Fächer Kulturmanagement und Kulturgeschichte.