Lars-Oliver Klotz

Dekan der Fakultät für Biowissenschaften

SB: Der Talar ist ein Kleidungsstück, das von Dekan:innen zu feierlichen Anlässen getragen wird. Hebt das Kleidungsstück Sie aus der Gesamtheit der Professor:innen hervor? 

LOK: Eigentlich nicht. Genau das Gegenteil ist der Fall. Man tritt als Individuum zurück hinter dem Talar, der letztlich die Fakultät repräsentieren soll, beispielsweise bei der feierlichen Immatrikulation. Das heißt, ich stehe als Repräsentant der Fakultät da, zu der die Studierenden ja auch gehören. Sie sind Mitglieder der Fakultät, so wie das Professorium. Daher: kein Hervorheben, sondern ein Zurücktreten zum Zweck der Repräsentation. Der Talar ist dabei tatsächlich eine Art Erleichterung. Ich kann mich im Prinzip anziehen, wie ich will. Okay, oben muss etwas Ordentliches herausschauen, und unten die Schuhe müssen ordentlich sein. Aber ob das Hemd aus Versehen aus der Hose rausguckt, das fällt ja dann nicht auf. Daher ist das eine Art Schutz.

SB: Zur Tradition des Talartragens: Sind Sie damit vertraut? Oder waren Sie auch schon, bevor Sie den Talar tragen sollten, damit vertraut?

LOK: Ja. Wenn man sich Bilder von mittelalterlichen Gelehrten anschaut, dann sieht man eben das Gewand, das sie damals schon trugen. Und ich selbst kenne den Talar als Talar der evangelischen Pfarrer. Ich komme aus einer Pfarrersfamilie, daher ist mir das geläufig.

SB: Jetzt geht es ein bisschen mehr um unsere Ausstellung. Der Arbeitstitel unserer Ausstellung lautet „Aus der Zeit gefallen?“. Finden Sie, dass das Talartragen aus der Zeit gefallen ist?

LOK: Ich finde es nicht unzeitgemäß. Eigentlich ist das Talartragen eine schöne Möglichkeit, den neu an die Uni kommenden Studierenden bei der feierlichen Immatrikulation die Fakultäten darzustellen. Als Student habe ich das nicht kennengelernt. Ich kann mich an keine Talarträger erinnern (außer eben die Pfarrer). Ich empfinde das Talartragen an der Uni Jena als moderat, nicht zu pompös, einer besonderen Situation angemessen – ob es nun die Immatrikulation ist oder eine andere Gelegenheit, beispielsweise Abschlussfeiern. Hier wird eine besondere Situation im Leben junger Leute hervorgehoben, und ich signalisiere, dass ich mich für die Studierenden als Dekan auch besonders anziehe, um die Bedeutung der Situation zu betonen.

SB: Zu Ihrer Zeit in Kanada an der University of Alberta: Ist dort das Talartragen auch gebräuchlich? 

LOK: Ja. Mehr noch als hier. Es gibt dort die Convocation, eine Abschlussfeier, zweimal im Jahr. Alle tragen Talar, auch in unterschiedlichen Farben und, im Vergleich zu unseren schlichten Talaren hier, aufgebrezelt und noch mit Schärpe und Hut. Die Talare unterscheiden sich auch, je nach Abschluss, und je nachdem, ob man einen Doktorgrad hat oder Professor ist. Ein bisschen wie Uniformen mit Rangabzeichen im Militär. Aber das ist dort ein großes Ding und man bekommt Post von der Uni, wenn die Convocation ansteht, dass man sich anmelden möge, um seinen Talar abzuholen. Das finde ich nicht schlecht, dass eine Abschlussfeier zentral veranstaltet wird. Aber ich glaube, dafür sind die Fakultäten an der Uni Jena zu unterschiedlich und jede Fakultät macht es für sich.

SB: Hätten Sie sich als Student eine Abschlussfeier gewünscht, dass es feierlicher gewesen wäre, dass man weiß, man bekommt nicht nur einen Schein?

LOK: Hätte ich schön gefunden. Ja. Es verleiht dem „Schein“, der Urkunde, eine gewisse Wertigkeit. Man hat gearbeitet dafür. Außerdem hätte man so noch mal die Möglichkeit, mit allen, die gleichzeitig den Abschluss gemacht haben, zusammenzukommen, in einer feierlichen Situation. 

 

Das Interview führte Sophia Birringer, Studentin der Kunstgeschichte und Filmwissenschaft.